Sonifikation

8 Sonifikation in der Medienkunst

Im Zuge der Digitalisierung haben sich auch die Materialien und Methoden in den Künsten geändert und zu einem verstärkten Interesse an wissenschaftlichen Inhalten und am Umgang mit Daten geführt. Dadurch wurden die ästhetischen und konzeptionellen Möglichkeiten der Sonifikation konsequent erweitert.

Eine zeitgenössische Arbeit, die Sonifikation verwendet, um Klang durch das Videobild zu steuern, ist die multimediale Installation Brilliant Noise von Semiconductor.[21] Der Sound ist hierbei eine Umsetzung der Radiowellen, die von der Sonne emittiert werden; zusätzlich wird dieser durch bestimmte Parameter aus vorhandenem Videorohmaterial von Satelliten beeinflusst. Eine weitere aktuelle Arbeit, die sich mit der Hörbarmachung unserer Umwelt auseinandersetzt, ist der G-Player bzw. in seiner portablen Version der G-Pod von Jens Brand. Auf einem spezialangefertigten Hi-Fi-Gerät bzw. einem modifizierten iPod werden Satellitenmessdaten der Erdoberfläche gespielt, wobei man unter verschiedenen Satelliten wählen kann, die dann die Topografie der gewünschten Regionen wiedergeben.[22] Als technische Metapher zieht Brand die Funktion einer Schallplatte heran, wobei die Topografie der Erde vom G-Player wie eine Tonrille abgespielt wird. Interessanterweise verwendet der Künstler Nicolas Reeves eine ähnliche technische Metapher in der Beschreibung seiner Cloudharp als überdimensionalen CD-Spieler, der mit einem Infrarot-Laser den Himmel abtastet. Hier werden die Messungen verschiedener Faktoren wie Oberflächenstruktur und Dichtheit der Bewölkung durch Parameter-Mappping in Echtzeit in ein polyfones Stück übersetzt. In Anlehnung an die Harmonices Mundi bezeichnet Reeves sein meteo-elektronisches Instrument deshalb auch als keplersche Harfe.[23]

Das Wettergeschehen ist seit jeher ein Bezugspunkt für das Abbild der Natur in der Musik.[24] Auch die Projekte der Medienkünstlerin Andrea Polli setzen sich mit meteorologischen und klimatischen Phänomenen auseinander. In ihrer Arbeit Atmospherics/Weatherworks werden Sonifikationen basierend auf Simulationen von historischen Stürmen erstellt. Obwohl diese virtuellen Ursprungs sind, erinnert die Umsetzung stark an Aufnahmen von Windgeräuschen. Teil der künstlerischen Motivation ist es, räumlich weit ausgedehnte Wetterphänomene im kleinen Maßstab erfahrbar zu machen.

Siehe online unter: http://www.g-turns.com (25.06.2009).  
Für Sonifikation im künstlerischen Zusammenhang spielt die Tradition der Programmmusik eine wichtige Rolle, in der sich Musik über harmonische Strukturen als alleiniges Referenzsystem hinweg und in Bezug zu Eindrücken aus der uns umgebenden Umwelt setzt. Bekannte Beispiele wären Die Vier Jahreszeiten von Vivaldi oder Smetanas Die Moldau. Dieser historische Bezug auf die Natur erweitert sich im zeitgenössischen Sonifikationsumfeld auf Datenquellen aus virtuellen Umgebungen.  
1
2
3
4
5
6
7
8
9
10