Tanz als Audiovision

1 Vom Tanz zum Ballett

Ob im Volkstanz oder als kultische und religiöse Handlung, Tanz wird in der Regel als Bewegung zu Musik verstanden. Als verbindendes Element gilt der Rhythmus. Kontrovers beantwortet wird die Frage, welche Praxis die älteren Ursprünge hat, ob der Tanz die Rhythmik der Musik ins Visuelle überführt oder die Musik sich aus der Körperrhythmik des Tanzes speist und diese immaterialisiert.[1] Kunstnahe Tanzformen reichen zurück bis zum chorischen Element im griechischen Theater und den Zeremonien der Dionysien-Festspiele. Auch in ihrer apollinischen Auffassung sind Musik und Tanz in der Antike durch den Rhythmus verbunden, der ordnend und stabilisierend wirkt. Augustinus erwähnt den Tanz in De musica. Er versteht beide Künste als Repräsentationen einer mathematisch geregelten göttlichen Weltordnung. Im Prozess der Theologisierung des Christentums löst die Stimme in der Liturgie den Körper als Mittler ab. Wort und Bild erhalten Vorrang vor den physisch-performativen Elementen der Glaubenspraxis.[2] Im Mittelalter ist in der lyrischen Gattung der Tanzlieder die melodische Ebene dem Gesang und Tanz funktional untergeordnet. Die Begleitung durch Gesang nimmt jedoch ab, was zu einer Aufwertung der instrumentalen Tanzmusik führt.

1
2
3
4
5
6
7
8
9