Synästhesie, ein neurologisches Phänomen
10 Bildgebende Verfahren in der Synästhesieforschung
Die Tatsache, dass die Ergebnisse bildgebender Verfahren sehr heterogen erscheinen, stellt eine Problematik der aktuellen Synästhesieforschung dar. Dies liegt zum einen daran, dass die Anzahl der Versuchspersonen oft nicht repräsentativ und die Versuchsdesigns mitunter sehr verschieden sind. Zum anderen ist es aufgrund der individuellen Wahrnehmungsausprägungen kaum möglich, eine homogene Gruppe zu untersuchen. Trotz der großen Diskrepanz zwischen den Ergebnissen spricht Vieles dafür, dass das Farbareal (V4), der posteriore inferiore Temporalkortex (PIT) und die Übergangsregion zwischen parietalem und okzipitalem Kortex an der synästhetischen Wahrnehmung grundlegend beteiligt sind (sieh z. B. Nunn et al. 2002, Rouw und Scolte 2007, Sperling et al. 2006). Einiges spricht auch für eine Beteiligung des präfrontalen Kortex (siehe z. B. Paulesu et al. 1995, Beeli et al. 2007, Sperling et al. 2006), dem im Allgemeinen Funktionen wie Arbeitgedächtnis, Aufmerksamkeit und Persönlichkeit zugeschrieben werden. Der okzipitale Kortex leistet vor allem die visuelle Verarbeitung und der Parietalkortex unter anderem räumliche Wahrnehmung, Orientierung sowie Somatosensorik. In der parieto-okzipitalen Übergangsregion befinden sich verschiedene Assoziationsfelder, die u. a. die Integration visueller Informationen leisten. Auch der PIT-Kortex ist als Integrationsareal visueller Informationen – insbesondere von Farbe und Form – bekannt. Da bisher hauptsächlich Graphem-Farb-Synästhesien mit bildgebenden Verfahren untersucht wurden, kann nicht ausgeschlossen werden, dass bei anderen Synästhesieformen auch andere Hirnareale beteiligt sind.