Künstlermusiker & Musikerkünstler

1 Historische und kulturelle Faktoren der Rollensymbiose

Es sind zwei Modelle, die das Bild der künstlerischen Berufe in den letzten Jahrhunderten prägten. Einerseits war es seit Leonardo da Vinci die Idee des Universalkünstlers, die in gewissem Sinne auch die ideelle Grundlage für das Phänomen Künstlermusiker/Musikerkünstler darstellt. Andererseits gab es das Ideal der klaren beruflichen Orientierung und das konsequente Verfolgen einer kulturellen Absicht. So wird die Entwicklung des Kunstsystems von Niklas Luhmann als eines der zunehmenden Professionalisierung und Ausdifferenzierung verstanden.[1]

Entscheidend für die Entstehung des Phänomens Künstlermusiker/Musikerkünstler sollten letztlich einzelne Stilrichtungen des 20. Jahrhunderts sein, die eine Rollensymbiose begünstigten. Diese waren in erster Linie kulturelle Bewegungen, die sich als expansiv und gattungsüberschreitend erwiesen. Zudem konnten ökonomische Überlegungen eine Rolle spielen, die eine doppelte kulturelle Tätigkeit förderten. In einigen Epochen war mit bildender Kunst, in anderen mit Musik leichter Geld zu verdienen. Der historische Aspekt spielt also insgesamt eine bedeutende Rolle. Nicht vergessen werden dürfen individuelle Faktoren wie Freundschaften, wichtige Begegnungen oder spezielle Cliquen und Milieus (z. B. bestimmte Clubs). Die unterschiedlichsten Aspekte müssen bei dieser Thematik berücksichtigt werden, die sich schnell als erstaunlich komplex erweist. Sowohl kunst- und musikhistorische, kultursoziologische als auch ökonomische und psychologische Überlegungen fließen so in eine Untersuchung mit ein.

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