Künstlermusiker & Musikerkünstler

6 Art (School) Pop

Auch nach der Jahrtausendwende finden sich weiterhin Künstler und Musiker, die parallel in verschiedenen Tätigkeitsfeldern aktiv sind oder bei denen eine Trennung in Kunst und Musik nicht mehr auszumachen ist, da sie ihre Arbeiten von Beginn an multimedial und gattungsübergreifend planen. Dazu gehören zum Beispiel Ryoichi Kurokawa, der seine audiovisuellen Performances wie Parallel Head (2008) oder Rheo (2009) als zeitbasierte Skulpturen begreift, und Michaela Melián. Als ausgebildete Musikerin und bildende Künstlerin sowie 1980 Gründungsmitglied der Band Freiwillige Selbstkontrolle (F.S.K.), setzt sie eigene Kompositionen als integralen Bestandteil ihrer räumlichen Installationen wie Panorama II (2004) oder Föhrenwald (2005) ein. Die gleichzeitige Eigenständigkeit dieser Soundtracks zeigt sich daran, dass beide später als CDs veröffentlicht wurden und auch in der Musikpresse positive Resonanz fanden.[20]

Zugleich ist vor allem in der Popmusikszene der letzten Jahre die Doppelprofession Künstlermusiker/Musikerkünstler keine Besonderheit mehr. Jenseits autonomer Entscheidungen von Künstlern/Musikern demonstrieren PR-Strategen, wie durch die Adaption des jeweils anderen Systems das eigene kulturelle Produkt profitieren kann. Mit der Etikettierung Art oder Pop wird symbolisches und letztlich ökonomisches Kapital gewonnen.

Gerade in jüngster Zeit wurde im Musikgeschäft die Bezeichnung Art School vermehrt als Prädikat verwendet. Bei der Promotion von Franz Ferdinand wurde von Anfang an publiziert, dass sie eine Art-School-Band aus Glasgow sind. Ihre Clips mit kunsthistorischen Zitaten und mit einer Vernissage als Schauplatz (Do you want to) unterstützen dieses Image. Andererseits werben Kunsthochschulen wie das St. Martins College in London mit Berühmtheiten wie Popmusikstars, die an ihrer Institution studierten. So haben diese Schule nicht nur PJ Harvey, Sade, Jarvis Cocker (Pulp), sondern auch die erfolgreiche britische Dance-Music-Produzentin M.I.A. absolviert. Bereits die ausgefallenen, von ihr selbst gestalteten Cover deuten darauf hin, dass sie eine Kunstausbildung besitzt. Im Jahr 2001 wurde sie für den Alternative Turner Prize vorgeschlagen.

Unabhängig von jeglichen marketingstrategischen Überlegungen scheinen sich dabei vor allem diejenigen Musiker für ein Kunststudium entschieden zu haben, die nach neuen Wegen in der Popmusik suchten. Denn im Vergleich zu anderen kulturellen Feldern entwickelte sich die bildende Kunst als besonders integratives und experimentelles System. Es schloss die verschiedensten kulturellen Praktiken mit ein: Film und Video, Klangkunst und nicht zuletzt Popmusik.

Unter den Titeln Baden-Baden und Los Angeles erschienen die Soundtracks auf Monika Records, dem Label der früheren HdK-Studentin und Mitglied der Bands Mania D und Malaria, Gudrun Gut.  
1
2
3
4
5
6