Musikvideo

6 MTV und Clipästhetik

Bei der im August 1981 erfolgten Aufnahme des Sendebetriebs bei MTV wurde noch auf den zwei Jahre zuvor von Russell Mulcahy gedrehten Musikclip zu dem Song Video killed the Radio Star von den Buggles zurückgegriffen, da die Anzahl der zur Verfügung stehenden, aktuellen Musikkurzfilme bescheiden war. Die Existenz eines auf die Ausstrahlung von Musikvideos spezialisierten und damit kommerziell erfolgreichen Senders gab der Produktion des Genres jedoch in der Folge einen so großen Auftrieb, dass der Clip-Regisseur Rudi Dolezal im Rückblick konstatierte, es sei in den 1980er Jahren für jede Idiotenkapelle automatisch ein dazu passendes Video produziert[5] worden.

Im Zuge der explodierenden Produktion von Musikvideos kristallisierten sich auch Gestaltungsmerkmale heraus, die häufig unter dem Begriff der Clipästhetik gefasst werden.

Kennzeichnend dafür sind u. a. der Einsatz von schnellen Schnittfrequenzen, Compositing und Collagetechniken, visuellen Effekten und grafischen Elementen sowie deren exakte Synchronisation mit dem musikalischen Beat.

Das Musikvideo wurde dabei zu einem Experimentierfeld an der Schnittstelle zwischen Technik und Kunst, das zahlreiche Filmemacher und bildende Künstler reizte.

Zudem erleichterten die technischen Möglichkeiten die Ausweitung der im massenmedialen Kontext entwickelten popkulturellen Strategien des Zitierens, Sampelns und Appropriierens.

So hat sich das Musikvideo im Laufe seiner Geschichte(n) zunehmend zu einem stark referenziell operierenden Medium entwickelt, das sich immer mehr ästhetische Vorbilder angeeignet hat. Schon früh wurden vertraute Elemente aus Musical, Werbung, Spielfilm, bildender Kunst und Avantgarde-Film herangezogen, um dem Betrachter in der knapp bemessenen Dauer eines Musikstücks einen trotz der eventuellen Dichte möglichst nachvollziehbaren visuellen Spannungsbogen zu bieten. Ein Beispiel für eine solche Verwendung und Kombination stilistischer Mittel unterschiedlicher Herkunft ist Bill Konersmans Video zu Sign ‘o’ the times (1987), in dem Elemente aus Typografie sowie abstrakten und narrativen filmischen Formen verflochten werden.

1
2
3
4
5
6
7
8